Was ist eigentlich eine Beliebung
Diese Frage wird immer wieder gestellt.
Das Wort kommt aus der höfischen Umgangssprache: „Wie es beliebt“. Ins Plattdeutsche übertragen hieß es „as ju belevt“ und wurde gebraucht, wenn es um allgemein Anerkanntes oder um etwas ging, über das man sich allgemein einig war.
Eine Beliebung ist also im Grunde eine Abmachung. Früher: Willkürbriefe (Statuten, Satzungen), zunächst mündlich.
In den vergangen Jahrhunderten gab es auf den Dörfern noch keine Gemeindeverwaltungen oder Behörden. Die Bauern waren abhängig von den Großgrundbesitzern, von den Gutsherren oder Klöstern. Die alltäglichen Dinge der Gemeinschaft durften sie unter sich selbst durch sogenannte Beliebungen regeln: die Bewirtschaftung der Gemeinfelder und -wiesen, die Erhaltung der Wege, Festlichkeiten, die Verteidigung gegen räuberisches Gesindel, Krankenpflege und alles, was mit der Leichenbestattung zusammenhing.
Auf eine Abmachung aus dem Jahre 1773 über die würdige Leichenbestattung von Rönne aus auf den Friedhof um die Elmschenhagener Kirche geht die „Rönner Beliebung“ zurück.
„Anno 1773 haben wir allhier in Rönne in unserer Totenbeliebung eine Rolle angeschafft und einige innungs Articuln machen lassen„.
So heißt es in der Originalurkunde, die erhalten ist. Es wurden dort 2 Altermänner und die Achtmannschaft festgelegt, die für die Totenwache, für die Spanndienste, für das Geleit und das Tragen des Sarges zu sorgen hatten. Auch wurde für das jeweilige Jahr festgelegt, wer den Dienst der Leichenfrau und des Kuhlengrabens hatte. Durch die Beliebung wurden jedem – ob Hufher, Kätner, Instentkätner oder Heuerinstentkätner – die gleiche Ehre zuteil. Die Beerdigung dauerte einen ganzen Tag.
Morgens versammelte sich das ganze Dorf vor dem Trauerhause. Im Hause hielt der Pastor eine Aussegnung (Parentation), danach formierte sich der Zug, der bis zur Kirche in Elmschenhagen ungefähr eine Stunde unterwegs war. In der Kirche fand die eigentliche Trauerfeier statt, danach ging man ans Grab. Nach der Grablegung fand der Leichenschmaus entweder im Krug oder im Trauerhaus statt. Zum Abschluss setzte sich die Achtmannschaft noch einmal unter der Leitung der beiden Altermänner zusammen, man sprach über das Leben des Verstorbenen und legte eine Protokollbuch an. Während dieser Sitzung durfte „kein Handel und Wandel getrieben werden!“ Wer sich dieser „Beliebung“ entzogen hatte, also nicht mitgemacht hatte, wurde mit einem Bußgeld belegt, das in die Beliebungskasse floss.
Hier einige Auszüge aus den „innungs Articuln“:
Zum Ersten:
Es sollen, wie sonste gewöhnlich, zween Älterleute seyn, wovon aber alle Jahr einen als der Älteste abtreten und ein ander aus der Beliebung, von den acht Männern wieder erwehlet werden soll.
Zum Andern:
Sollen auch die helfte der Dorfschaft angesaget werden, den Todten zu kleiden und einzulegen, worunter diejenigen, die aus dem Dorf wohnen, mit eingeschlossen sind, also ist es von die Achte ausgemacht, diß die zu Schlüs-beck wohnende Belieben zu den einen Theil der Dorfschaft, nemlich zu Hauschildts seite gehören, die aber bey den Rönnerbeck und im Rönner-Holtz wohnen zu den andern Teil der Dorfschaft, nemlich zu Bauer Vogts seite angesaget werden sollen, wobei aber keine entschuldigung angenommen wird, ohne Leibes Krankheit oder eine schwangere Frau bey u.B. ausgenommen die Witt Männer sollen frey seyn.
Zum Dritten:
Soll das Läuten und Kuhlen-Graben auch nach der alten gewohnheit sein verbleiben haben und die Tonne Bier von denen Beyden Luhlen-gräbern in dem gelage wo die Beliebungs-Brüder sitzen ausgezappet werden bey Strafe 2 Schilling.
So wurden insgesamt 21 Paragraphen aufgesetzt, deren Befolgung strikt eingehalten werden mussten, sonst drohten Geldstrafen bis zu 4 Schilling beziehungsweise musste eine halbe Tonne Bier gezahlt werden.
Das hundertjährige Jubiläum
Auch das „hundertjährige Jubiläum“ des Bestehens der Rönner Beliebung wurde festlich gefeiert mit Tanzmusik. Jedes Mitglied der Rönner Beliebung sollte ein Zechgeld von 8 Schilling bezahlen. Festgelegt wurde dies auf der Beliebungsversammlung vom 20.04.1873 von den Ältermännern Asmus Wülrodt und Paul Schmidt und den Acht-männem Claus Witt, Claus Kanngießer, Detlef Hauschildt, Max Schlüter, Detlef Kahler, Jochim Kahler, Claus Lenscht und Karl Downs.
Zur 200-Jahr-Feier im Jahr 1973 lebte die Rönner Beliebung wieder richtig auf. Es wurde, hauptsächlich auf Betreiben von Rudi Beeck, ein Festausschuß gegründet. Der Festausschuß bestand damals aus 12 Personen, Festausschußvorsitzender seit dieser Zeit ist Max Lehnert. Es sollte ein rauschendes Fest werden, das drei Tage dauern sollte. Es haben sich viele freiwillige Helferinnen und Helfer gefunden, damit dieses Ereignis einen würdigen Rahmen bekam. Ein Schild wurde gemalt und aufgestellt, ein plattdeutsches Theaterstück einstudiert, sogar eine Fahne wurde in mühsamer Handarbeit von Anke Stolley und Elfriede Beeck gestickt.
Im Festzelt konnte der damalige Ältermann Walter Schlüter viele Gäste begrüßen, Präsente wurden mitgebracht und übergeben. Die Kieler Nachrichten schrieben über dieses Fest:
Rönner Beliebung ist 200 Jahre alt
Viele Gäste besuchten die gildeähnliche Vereinigung – „Im nächsten Jahr ein Volksfest?“
Im nächsten Jahr gab es kein Volksfest, aber der Wunsch nach einer Wiederholung dieses schönen Festes wurde laut. Auch konnte die Beliebung in dieser Zeit viele neue Mitglieder begrüßen.
Auf einer Generalversammlung wurde deshalb beschlossen, dieses schöne Fest alle zwei Jahre zu wiederholen. So lange vertritt das amtierende Königspaar die Beliebung bei anderen Gilden und Vereinen.
Rückblickend auf die letzten 35 Jahre kann gesagt werden, die 200-Jahr-Feier hat eine Wende für die Rönner Beliebung gebracht. Durch die Fahnenabordnung ist unser Verein im Kieler Umkreis und auch über Kiel hinaus bekannt geworden (auch wenn nicht jeder gleich weiß, wo Rönne liegt).